Diabetes mellitus allein ist noch kein Grund für die Anordnung zur Beibringung eines verkehrsmedizinischen Gutachtens.

Bei einer "Volkskrankheit" wie Diabetes mellitus Typ 2 darf nicht ohne Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls ein ärztliches Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung angeordnet werden.

Im vorliegenden Fall beantragte der Antragsteller bei der Fahrerlaubnisbehörde die Verlängerung seiner Fahrerlaubnis der Klasse CE. Der Antragsteller legte hierfür unter anderem eine Bescheinigung über eine ärztliche Augenuntersuchung und einen Untersuchungsbericht vor, in dem auf eine Untersuchung wegen Diabetes mellitus Bezug genommen wird. Die Behörde verlangte daraufhin ohne vorherige Anhörung des Antragstellers die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung. Der Antragsteller weigerte sich das Gutachten, das negativ ausfiel, vorzulegen und bat um eine erneute Begutachtung. Da der Antragsteller die an seiner Fahreignung bestehenden Zweifel nicht mittels Vorlage des verkehrsmedizinischen Gutachtens ausräumen konnte, entzog ihm die Behörde unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Fahrerlaubnis aller Klassen.

Das Verwaltungsgericht München kam zu der Überzeugung, dass die Entziehung der Fahrerlaubnis mangels Rechtsgrundlage rechtswidrig erfolgt war. Allein die Information, dass der Antragsteller an Diabetes melitus erkrankt ist, reiche nicht aus, um sogleich ein ärztliches Gutachten anzuordnen. Im vorliegenden Fall hätte die Behörde zunächst durch den Antragsteller weniger stark belastende Maßnahmen versuchen müssen zu klären, an welcher Art einer Diabeteserkrankung der Antragsteller leidet, wie sie behandelt wird und mit welchem Ergebnis. Die Anordnung zur Beibringung des Gutachtens verstößt damit gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
 
VG München, Urteil VG Muenchen M 6 S 16 4526 vom 19.01.2017
Normen: FeV § 11 Abs. 2, Abs. 6, Abs. 8, § 46 Abs. 3
[bns]
 
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